7. Dezember 2008

Kurioses, kurz kommentiert: Ein Minister möchte sein Ministerium überflüssig machen. Nebst einem Lob für Angela Merkel

L'exécution du plan de relance est prévue pour deux ans. J'espère qu'alors, mon ministère sera devenu inutile.

(Die Ausführung des Plans für den Aufschwung ist für zwei Jahre vorgesehen. Ich hoffe, daß dann mein Ministerium nutzlos geworden sein wird.)

Der frisch ernannte französische "Minister für den Aufschwung" (ministre de la relance), Patrick Devedjian, laut Nouvel Observateur.

Kommentar: Ja, seit Freitag hat Frankreich als vermutlich einziges Land der Welt einen Minister für den Aufschwung; genauer einen "Minister beim Premiermiinister für die Umsetzung des Plans für den Aufschwung" (ministre auprès du Premier ministre, chargé de la mise en oeuvre du plan de relance).

Diesen Plan hat Staatspräsident Sarkozy am Donnerstag verkündet ("devoilé", schreibt der Nouvel Observateur, also "enthüllt"). Er ist ein buntes Sammelsurium aus allerlei Maßnahmen - von öffentlichen Investitionen über die Senkung von Abgaben für Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten bis hin zu Lockerungen des Baurechts.



Im "Spiegel" der zu Ende gehenden Woche steht in der Titelgeschichte über Angela Merkel, sie hätte sich zur Einstimmung auf Nicolas Sarkozy einen Film mit Louis de Funès zeigen lassen. Se non e vero, e ben trovato. Eine Maßnahme jedenfalls, die meinem Bild von Nicolas Sarkozy entspricht.

Das Spektakel, das Sarkozy veranstaltet und das in der Ernennung eines veritablen Aufschwung- Ministers gipfelt, ist teils die Art Sarkozys. Der Mann kann, so scheint es, keinen Augenblick innehalten und nachdenken. Er ist in ständiger Bewegung, muß agieren, agieren, agieren.

Teils freilich mag dieses Vorgehen auch der französischen Mentalität entgegenkommen. Nicht, weil die Franzosen besonders aktionsfreudig wären, das gar nicht. Sondern weil sie vom Staat erwarten, daß er etwas tut, wann immer es Schwierigkeiten gibt. Wenn die Deutschen staatsfromm sind, dann sind die Franzosen orthodoxe Staats- Fundamentalisten.

In dieser Hinsicht mag der "Plan" Wirkungen entfalten. Nicht wegen der in ihm zusammengewürfelten ökonomischen und administrativen Maßnahmen. Sondern weil er den Franzosen Vetrauen gibt; ein bißchen Vertrauen jedenfalls, daß alles wieder gut werden wird.



Und das ist, so scheint mir, das Entscheidende in der jetzigen Krise. Die Rezession ist ja nicht das Ergebnis einer zu starken Ausweitung der Kapazitäten, von Überproduktion, von Überhitzung der Konjunktur, wie das im allgemeinen der Fall ist.

Sondern es ist eine Vertrauenskrise. Wenn die Banken nicht darauf vertrauen können, Kredite zurückgezahlt zu bekommen, dann vergeben sie keine. Wenn die Unternehmen keine Kredite bekommen, dann können sie nicht investieren, unter Umständen nicht einmal mehr ihre laufenden Ausgaben decken. Also drohen Entlassungen, also halten die Menschen sich mit dem Konsum zurück. Also erhöhen sich die Absatz- Schwierigkeiten der Unternehmen; also werden sie noch weniger kreditwürdig.

Diesen Teufelskreis kann man nicht durch Albernheiten wie einen "Konsumscheck" und auch nicht durch den Pot-au-Feu von Maßnahmen durchbrechen, den Sarkozy jetzt auf den Herd gestellt hat. Entscheidend ist, daß das Vertrauen zurückkehrt.

Und da dürfte, jedenfalls für die deutsche Mentalität, die ruhige, bedachtsame Politik der Kanzlerin erfolgreicher sein als Sarkozys Hektik.

Auf dem Merkel-Titel hat der "Spiegel" stehen: "Angela mutlos". Welch eine Fehleinschätzung! Zum Aktionismus gehört im Augenblick kein Mut. Mut gehört dazu, sich dem allgemeinen Aktionismus zu verweigern.



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